Interview mit Meisterschaft-Coach Koutroubis

Nachdem am 28.05.2020 auf der Präsidiumssitzung des FRV „Südwest“ unter Einbeziehung zahlreicher Meinungsäußerungen der Vereine, der Lösungsansätze in anderen Landesverbänden insbesondere innerhalb des FRV „Südwest“, sowie auf der Grundlage der Empfehlungen der spieltechnischen Ausschüsse, der Vorschlag beschlossen wurde, die Spielzeit 2019/2020 nicht über den 30.06.2020 zu verlängern und damit sportlich unvollständig enden zu lassen, ist die Meisterschaft unseres 1. FFC Niederkirchen in der Regionalliga Südwest nur noch reine Formsache. Unsere 1. Mannschaft um Cheftrainer Niko Koutroubis konnte in den vergangenen 16 Spielen 44 Punkte erkämpfen und steht mit 10 Punkten Vorsprung zum Tabellenzweiten verdient auf dem Meistertreppchen. Die Marschrichtung des FFC war von Beginn der Saison an klar - der Wiederaufstieg in die 2. Frauen-Bundesliga sollte geschafft werden.

Zur Feier des Tages stand unser langjähriger Erfolgscouch, Niko Koutroubis, der auch in der kommenden Saison bei uns seine Heimat findet, Rede und Antwort rund um die Themen: Saison 2019/2020, Meisterschaft und Wiederaufstieg sowie zu den Vorbereitungen auf die kommende Spielzeit in der 2. Frauen-Bundesliga.

 

Niko, du bist nun schon seit Juli 2015 Cheftrainer unserer 1. Mannschaft und hast viele Höhen und Tiefen mit uns durchlebt. Welches Fazit ziehst du aus der abgelaufenen Saison und der damit verbundenen Meisterschaft?

Mit der Meisterschaft und dem Aufstieg haben wir unser selbst formuliertes Ziel für diese Saison erreicht. Letztes Jahr haben wir diesen Triumph knapp verfehlt, aber die Mannschaft ist aus diesem Rückschlag gestärkt hervorgekommen und ist während dieser Saison über sich hinausgewachsen. Seit dem 1. Spieltag belegen wir den ersten Tabellenplatz und haben diesen bis zum Abbruch auch nicht mehr aus der Hand gegeben – immerhin sind wir seit November 2018 in der Meisterschaft ungeschlagen. Also wenn es jemand verdient hat, wieder aufzusteigen, dann sind das diese Saison definitiv wir!

Wie hast du davon erfahren, dass wir nächste Saison wieder in der 2. Frauen-Bundesliga spielen - und das ganz ohne Relegation?

Ich habe am Montag sehr gespannt den außerordentlichen Bundestag des DFB im Live Stream verfolgt und dort dann von der Entscheidung über den Abbruch der 2. Frauen-Bundesliga / B-Juniorinnen Bundesliga erfahren. Da fünf Teams aus der Regionalliga aufsteigen und wir mit 10 Punkten Vorsprung die Tabellenführung innehaben, war klar, dass wir aufsteigen.

Wie war deine Reaktion auf diese Entscheidung?

In diesem Moment habe ich mich riesig gefreut, dass so zu hören. Dennoch war ich mir vorher aber schon fast sicher, dass dieses Szenario auch eintreten wird - wer oben steht, hat auch verdient aufzusteigen. Dass es jetzt gleich fünf Teams sind, die den Weg nach oben nehmen ist einfach mal etwas ganz Neues.

Sicherlich hast du während deiner 16-jährigen Erfahrung als Frauenfußball-Trainer schon viel erlebt. Wie hast du die letzten Wochen während der Corona-Zwangspause empfunden? Und vor allem, was hast du die ganze Zeit gemacht?

Es ist eine unglaubliche Situation entstanden, die niemand hätte voraussagen können. Ein Virus legt die ganze Welt für eine lange Zeit lahm. So etwas muss man auch erst einmal verstehen und akzeptieren, denn ändern konnte es ja schlichtweg niemand. Ich habe sehr viel Zeit mit meiner Familie verbracht, mit meinen beiden Kindern (4 Jahre und 11 Monate) gespielt und auch „trainiert“ (er grinst). Außerdem habe ich mich etwas weitergebildet, habe viele Bücher über Fußball gewälzt und auch die Zeit genutzt, um Kontakte zu Neuzugängen zu knüpfen, da ich dem FFC um eine weitere Saison erhalten bleibe. Und ganz nebenbei: ich habe jeden Tag gehofft, dass wir wieder in den Alltag zurückkönnen, in ein normales Leben mit normalem Training.

Da wir nun seit vergangener Woche Freitag den Trainingsbetrieb unter strenger Einhaltung der Corona-Schutzmaßnahmen wiederaufgenommen haben, kehrt wieder etwas mehr Normalität in unseren Fußball-Alltag. Wie sieht so ein Training in Kleingruppen aus?

Da wir derzeit in Kleingruppen mit bis zu vier Spielerinnen trainieren ist das erst einmal eine neue und ungewohnte Situation – sowohl für mich als auch für die Mädels. In allererster Linie ist es natürlich ein super Gefühl wieder mit dem Ball am Fuß auf dem Rasen zu stehen. Es ist ein ganz anderes Training als in der Vergangenheit unter normalen Voraussetzungen. Der Fokus liegt auf dem Passspiel und der Technik. Aber das alles hat auch seine positiven Aspekte, denn so kann ich sehr gut auf einzelne Spielerinnen eingehen, sie besser coachen und korrigieren, sodass diese sich besser weiterentwickeln können.

Niko, jetzt hast du aber eine passende Überleitung gefunden: eines deiner Steckenpferde ist es junge Spielerinnen weiterzuentwickeln und in der 1. Mannschaft langfristig zu etablieren. Wie sieht deine Kaderplanung im Blick auf die kommende Saison aus?

Zunächst einmal muss hier ganz klar betont werden, dass die nächste Saison sehr schwer wird. Wir haben viele junge Spielerinnen, die sich auch im vergangenen Jahr Stück für Stück weiterentwickelt haben. Aber diesen muss man auch die Zeit geben, denn die Weiterentwicklung ist immer ein Prozess, der mit Geduld, Fleiß und harter Arbeit einhergeht. Für die Zukunft planen wir ein Perspektivteam zur individuellen Förderung unserer jungen Spielerinnen, die in der U20-Mannschaft die nötige Spielpraxis sammeln können. Meine Aufgabe wird es sein eine Brücke zwischen dem Perspektivteam und dem 2. Liga-Kader zu schlagen, die jungen Talente zu fördern und an die 1. Mannschaft heranzuführen.

Wir werden versuchen die eine oder andere erfahrene Spielerin mit 2. Liga-Erfahrung mit ins Boot zu nehmen – solche, die junge Spielerinnen auch führen können, denn anders wird es nicht funktionieren. Die Mischung macht den Unterschied!

Nebenbei stehe ich zusätzlich unserem U17-Trainer (B-Juniorinnen Regionalliga) beratend zur Seite, um auch hier hin und wieder den Blick auf unsere ganz jungen Talente zu werfen und sie langsam an die 1. Mannschaft heranzuführen.

Für alle Fußballerinnen und auch für die Trainer ist Sommerzeit gleich Vorbereitungszeit. Wird die Vorbereitung anders ablaufen als im vergangenen Jahr oder bleibt hier, solange dies in Bezug auf die Corona-Krise möglich ist, alles beim Alten?

Lacht. Zunächst einmal bleibt es abzuwarten, welche Lockerungen wann einsetzen, wann der Saisonstart terminiert wird und ob es eine eingleisige oder eine zweigleisige 2. Frauen-Bundesliga geben wird.

Grundsätzlich legen wir unseren Fokus im Hinblick auf die 2. Liga auf eine gute Vorbereitung und ein gutes Trainingslager, sobald dies wieder richtig möglich ist. Bis dahin überbrücken wir die Zeit weiterhin, indem wir in Kleingruppen trainieren und neben Platz das Hauptaugenmerk auf Fitness und Stabilität legen. Hier haben wir das Glück, dass wir einmal in der Woche mit unserem Athletiktrainer arbeiten. Seit Mitte November haben wir sogar einen eigenen Fitnessraum, in dem wir witterungsunabhängig verletzungsprophylaktisch und im Kräftigungsbereich arbeiten können.

Gibt es ein Ziel, das ihr bis zur Winterpause erreichen wollt?

Hier sollten wir immer realistisch bleiben: auf der einen Seite müssen wir abwarten, wie die 2. Frauen-Bundesliga beschaffen sein wird und wieviel Absteiger es geben soll. Auf der anderen Seite ist unser Erfolg abhängig von den Neuzugängen und der Stärke des Kaders. Hierzu können wir im Laufe der Vorbereitung die Ziele präzisieren, aber generell gilt: so früh wie möglich möchten wir nichts mehr mit dem Abstieg zu tun haben.

Okay, und wie sieht es mit einem allgemeinen Saisonziel für die Spielzeit 2020/2021 aus unabhängig von den o.g. Eventualitäten?

In erster Linie wollen wir die Klasse halten und in zweiter Linie verfolge ich stets das Ziel, unsere jungen Spielerinnen weiterzuentwickeln und zu etablieren und natürlich auch zu versuchen ihnen möglichst viel Spielzeit zu geben. Das ist sicherlich keine einfache Aufgabe, aber wir werden alles dafür geben, dass wir getreu unserem Leitmotto „Mehr als Fußball“ allen unseren Spielerinnen eine soziale Heimat und ein sicheres und familiäres Umfeld mit großartigen und treuen Fans bieten. Ganz nebenbei gesagt: gerade deshalb fühle ich mich hier auch so wohl und bin nach wie vor beim FFC zu Hause – obwohl ich nicht gerade um die Ecke wohne.

Welche Botschaft gibst du deinen Mädels mit auf den Weg?

Erst einmal will ich meine Mannschaft für das loben, was sie erreicht haben – eine Meisterschaft ohne Niederlage bis zum Abbruch der Saison ist schon recht bewundernswert. Das was die Mannschaft hier vorgelebt hat, das Vertrauen ineinander und dass sie über die Jahre so zusammengewachsen sind, ist dem Umstand zu verdanken, dass sie hier schon so lange zusammenspielen. Darauf kann jede einzelne Spielerin stolz sein.

Für die neue Saison wollen wir mit „altbekannten Gesichtern“ und guten Neuzugängen einen Versuch wagen, einen mutigen Offensivfußball in der 2. Frauen-Bundesliga zu spielen.

 

Vielen lieben Dank Niko für deine offenen Worte. Im Anschluss an das Interview haben wir noch kurz etwas "Zur Person Koutroubis" zusammengefasst, damit ihr wisst, mit wem wir hier zusammenarbeiten dürfen! 

Zur Person: Niko Koutroubis

Der 50-jährige Niko Koutroubis, der seit 2015 Cheftrainer der 1. Mannschaft des 1. FFC Niederkirchen ist, hat mittlerweile schon 16 Jahre Erfahrung als Cheftrainer im Frauen-Fußball auf dem Buckel. In dieser Zeit entwickelte er sich stets weiter und absolvierte im Jahr 2005 die Prüfung zur Abnahme der A-Lizenz. Neben einem Jahr in der Oberliga und 3 Jahren in der Regionalliga kann Koutroubis zusätzlich 9 Jahre in der 2. Frauen-Bundesliga und 3 Jahre in der 1. Frauen-Bundesliga vorweisen. Zu seinen größten Erfolgen als Cheftrainer mit seinem Trainerteam und seiner Mannschaft zählen 2 Aufstiege in die 2. und sogar 3 Aufstiege in die 1. Frauen-Bundesliga. Während all dieser Jahre machte Koutroubis es sich zur Aufgabe junge Spielerinnen weiterzuentwickeln und sie in der jeweiligen 1. Mannschaft zu etablieren, die jetzt ihre Fußballschuhe auf allen Plätzen in Europa schnüren. Nachdem ihm auch in der abgelaufenen Saison 2019/2020 wieder einmal ein Aufstieg in die 2. Frauen-Bundesliga geglückt ist, bleibt abzuwarten, welche Erfolge Koutroubis in einem weiteren Jahr beim 1. FFC Niederkirchen erreichen kann.

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